Florian Wackers erster richtiger Roman, nach zahlreichen Anthologiebeiträgen und einem Jugendroman, konnte bei mir nicht punkten. Dabei liest sich der Roman trotz des Stilmittels kurzer Hauptsätze, die normalerweise zu einem stakkatohaften abgerissenen Rhythmus führen, ganz gut, weil der Autor deren Anfang variiert und nicht jeden Satz mit einem Namen oder einem Personalpronomen beginnt, er sagt, sie sagt, es macht, etc. Die Dialoge, die er einflicht, entzerren das gefürchtete Stakkato weiterhin; sie sind jedoch weder tiefgründig noch interessant. Doch hätte der Autor sich nicht in das eigentlich unverfängliche Wort „schmal“ verliebt, es ist alles schmal in dem Roman, Gesichter, Wege, Pferde, Lianen, es wird inflationär gebraucht und hätte er seine Figuren sich nicht unentwegt über die Gesichter wischen lassen oder die Wangen oder die Kleider oder den Bart, hätte es eventuell zu einem weiteren Sternchen gereicht. Zum Glück war 2018 die Modefloskel „holte tief Luft“ noch nicht so verbreitet wie 2023. Möglicherweise hätte Florian Wacker sie mit ins Boot geholt. Aber, Ironie off, zugegeben „schmal“ und sich übers Gesicht reiben, wischen, sind die einzigen Floskeln des Romans. Es hat mich trotzdem gestört. Zumindest die erste Hälfte des Romans erzählt Wacker sehr kleinteilig und alltagstauglich; man trinkt dies, man trinkt jenes und jede gerauchte Zigarette ist einzeln aufgelistet.
Es ist aber die Story selbst, die zu dünn geraten ist. Wacker siedelt Stromland im brasilianischen Urwald an und die Atmosphäre des Regenwalds darzustellen, beherrscht er. Allerdings habe ich das Gefühl, er würde jedes Blatt des Regenwalds beschreiben und keines auslassen, jeden Baum und jeden Regentropfen. Zieht man aber den Urwald ab, hat man als Story lediglich eine ins Nichts führende Brudersuche. So what? Diese vielen Suchen nach irgendwem im irgendwo, langweilen mich zutiefst. E steht von vornherein fest, dass sie unmöglich von Erfolg gekrönt sein können und sie sind fast so schlimm wie eine Schatzsuche. Entsetzlich langweilig, weil ausgelutscht. Dabei immerbei und immerwährend tropfende Urwaldblätter und Faultiere, die an Ästen hängen.
Die Story. Endlich. Man vermisst sie lange und findet schließlich: Irina sucht ihren Zwillingsbruder Thomas, der mit Werner Herzog vor Ort den Film "Fitzcarraldo" drehte und danach nicht mehr auffindbar gewesen ist. Sowohl Thomas als auch Florian Wacker müssen von den Filmen Herzogs, z.B. auch von "Aguirre, der Zorn Gottes", jeweils mit dem schwierigen Hauptdarsteller Klaus Kinski nachhaltig beeindruckt gewesen sein, denn ihr Inhalt ist im Hintergrund schwärendes Thema und führt zu einem weiteren Handlungsstrang, einem knappen, manchmal wirren Abstecher ins 18. Jahrhundert, als die Eroberer ins Land kamen und verheerend unter den Eingeborenen wüteten.
Auf ihrer Suche nach Thomas bewegen Irina nicht nur eine Menge esoterischer Gedanken und langweiliger Erinnerungen an zuhause, sie stößt auch auf böse Buben, wie könnte es anders sein, und als Storyhöhepunkt auf die im tiefen Urwald wie Götter herrschende Mehrgenerationen-Auswandererfamilie Wilhelmi, die auf den ersten Blick wie Farmer wirken, auf den zweiten Blick sich aber ganz anderen Geschäften widmen. Als Irina von der Familie, die sie gerne bei sich behalten hätte und dabei einen gar nicht so sanften Druck ausübt, weggeht, ja, stimmt, du hast es erraten, flieht! - versandet die Geschichte vollends wie auch das letzte bisschen Handlung in einem konfusen Zeitsprung untergeht. Ende.
Fazit: Ein Roman mit Atmosphäre, ohne Frage. Aber auch ein Roman, der sich zieht wie Kaugummi und mich mit seiner banalen Handlung sträflich langweilte.
Eine Art Abenteuerroman. Sehr langsam.
Kurzmeinung: Wer es mag ... mag es.
Florian Wackers erster richtiger Roman, nach zahlreichen Anthologiebeiträgen und einem Jugendroman, konnte bei mir nicht punkten. Dabei liest sich der Roman trotz des Stilmittels kurzer Hauptsätze, die normalerweise zu einem stakkatohaften abgerissenen Rhythmus führen, ganz gut, weil der Autor deren Anfang variiert und nicht jeden Satz mit einem Namen oder einem Personalpronomen beginnt, er sagt, sie sagt, es macht, etc. Die Dialoge, die er einflicht, entzerren das gefürchtete Stakkato weiterhin; sie sind jedoch weder tiefgründig noch interessant. Doch hätte der Autor sich nicht in das eigentlich unverfängliche Wort „schmal“ verliebt, es ist alles schmal in dem Roman, Gesichter, Wege, Pferde, Lianen, es wird inflationär gebraucht und hätte er seine Figuren sich nicht unentwegt über die Gesichter wischen lassen oder die Wangen oder die Kleider oder den Bart, hätte es eventuell zu einem weiteren Sternchen gereicht. Zum Glück war 2018 die Modefloskel „holte tief Luft“ noch nicht so verbreitet wie 2023. Möglicherweise hätte Florian Wacker sie mit ins Boot geholt. Aber, Ironie off, zugegeben „schmal“ und sich übers Gesicht reiben, wischen, sind die einzigen Floskeln des Romans. Es hat mich trotzdem gestört. Zumindest die erste Hälfte des Romans erzählt Wacker sehr kleinteilig und alltagstauglich; man trinkt dies, man trinkt jenes und jede gerauchte Zigarette ist einzeln aufgelistet.
Es ist aber die Story selbst, die zu dünn geraten ist. Wacker siedelt Stromland im brasilianischen Urwald an und die Atmosphäre des Regenwalds darzustellen, beherrscht er. Allerdings habe ich das Gefühl, er würde jedes Blatt des Regenwalds beschreiben und keines auslassen, jeden Baum und jeden Regentropfen. Zieht man aber den Urwald ab, hat man als Story lediglich eine ins Nichts führende Brudersuche. So what? Diese vielen Suchen nach irgendwem im irgendwo, langweilen mich zutiefst. E steht von vornherein fest, dass sie unmöglich von Erfolg gekrönt sein können und sie sind fast so schlimm wie eine Schatzsuche. Entsetzlich langweilig, weil ausgelutscht. Dabei immerbei und immerwährend tropfende Urwaldblätter und Faultiere, die an Ästen hängen.
Die Story. Endlich. Man vermisst sie lange und findet schließlich: Irina sucht ihren Zwillingsbruder Thomas, der mit Werner Herzog vor Ort den Film "Fitzcarraldo" drehte und danach nicht mehr auffindbar gewesen ist. Sowohl Thomas als auch Florian Wacker müssen von den Filmen Herzogs, z.B. auch von "Aguirre, der Zorn Gottes", jeweils mit dem schwierigen Hauptdarsteller Klaus Kinski nachhaltig beeindruckt gewesen sein, denn ihr Inhalt ist im Hintergrund schwärendes Thema und führt zu einem weiteren Handlungsstrang, einem knappen, manchmal wirren Abstecher ins 18. Jahrhundert, als die Eroberer ins Land kamen und verheerend unter den Eingeborenen wüteten.
Auf ihrer Suche nach Thomas bewegen Irina nicht nur eine Menge esoterischer Gedanken und langweiliger Erinnerungen an zuhause, sie stößt auch auf böse Buben, wie könnte es anders sein, und als Storyhöhepunkt auf die im tiefen Urwald wie Götter herrschende Mehrgenerationen-Auswandererfamilie Wilhelmi, die auf den ersten Blick wie Farmer wirken, auf den zweiten Blick sich aber ganz anderen Geschäften widmen. Als Irina von der Familie, die sie gerne bei sich behalten hätte und dabei einen gar nicht so sanften Druck ausübt, weggeht, ja, stimmt, du hast es erraten, flieht! - versandet die Geschichte vollends wie auch das letzte bisschen Handlung in einem konfusen Zeitsprung untergeht. Ende.
Fazit: Ein Roman mit Atmosphäre, ohne Frage. Aber auch ein Roman, der sich zieht wie Kaugummi und mich mit seiner banalen Handlung sträflich langweilte.
Kategorie: (Langsames) Abenteuer.
Berlinverlag, 2018